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Cordula Vis-Paulus

Cordula Vis-Paulus

Liebe Frau Vis-Paulus, ich freue mich, dass wir Sie als eine unserer Sheroes begrüßen dürfen und bin gespannt, mehr über Ihre Erfahrungen, Ideen und Motivation zu erfahren. Um gleich einzusteigen, würde ich gerne von Ihnen wissen, wie Sie Ihren Führungsstil beschreiben würden?
Grausam. Ich setzte entweder zu viel oder zu wenig voraus. Und überhaupt gehe ich davon aus, dass meinem Mitarbeiter meine Mission und Vision dasselbe bedeutet. Da ist also noch viel Luft nach oben.

Welche persönlichen Stärken bringen Sie in Ihrer Position weiter?
Kreativität, Menschenliebe, gern etwas weitergeben zu wollen.

Wie sind für Sie Beruf und Privatleben unter einen Hut zu bringen? Wo suchen Sie den Ausgleich zu Teammeetings und Paragrafen?
Heikles Thema. Mein Mann findet, ich arbeite zu viel. Unserer Tochter gegenüber habe ich das Gefühl, sie nicht toll genug zu unterstützen. Zeit für mich selbst ist seit 15 Jahren ein Fremdwort. Trotzdem würde ich mich nicht als Workaholic bezeichnen.

Möchten Sie uns etwas über Ihren Karriereweg erzählen? In Stichworten: Berufswunsch als Kind? Studium/Ausbildung? Aktuelle Position?
Ich wollte Geigerin werden, musste aber erst etwas Anständiges werden. Also wurde ich Bankkauffrau. Heute ist das ein Lacher. Damals hieß es "Wenn der Russe erst vor der Tür steht, sparen die Leute zuerst an der Kultur." Weil ich die Bühne und das Beibringen liebe, gestalte ich mir das, was ich heute tu, soweit es möglich ist, nach meinen Neigungen.

Die Versicherungsbranche wird als männerdominiert wahrgenommen. Haben Sie schon einmal Nachteile erlebt, weil Sie eine Frau sind? Wie sind Sie damit umgegangen? Fühlen Sie sich von Ihren männlichen Kollegen akzeptiert?
Ja, ich bin 12 Jahre trotz (oder vielleicht wegen) der besten Ergebnisse nicht auf Fortbildungen geschickt worden. Weil ein Filialdirektor in meiner letzten Ausschließlichkeit ohne meine Ergebnisse seine eigenen Ziele glaubte, nicht erreichen zu können, hat er meinen Wunsch, eine Führungsaufgabe in der Partnerbetreuung zu übernehmen, im Haus gar nicht erst weitergegeben. Das Ergebnis ist bekannt.

Aktuell beträgt der Frauenanteil in Führungsebenen im Bundesgebiet rund 28 Prozent. Was sind Ihrer Meinung nach die Hauptgründe für diese geringe Quote?
Zum einen das Thomas/Peter-Prinzip, zum anderen sind sich Frauen ihrer Fähigkeiten und Möglichkeiten oft nicht bewusst und dann kommen fehlende Schulterschlüsse und Netzwerke in den obersten Führungsetagen dazu. Deshalb sehen wir auch gerade wieder Frauen, die nach einem Abstecher ins Board wieder vom Thrönchen geschubst werden.

Die Lohngerechtigkeit ist ein brisantes Thema. Fast überall in Europa verdienen Frauen weniger als Männer mit gleicher Qualifikation. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Eine Schande ist das. Blamabel. Auf jeder Ebene ist das ein Nachteil. Anscheinend nur für Frauen, aber es ist auch ein Nachteil für die Männer! Weil die so immer in ihrer traditionellen Rolle verharren müssen und sich nicht weiterentwickeln können.

Hat sich Corona auf den Geschlechterkampf ausgewirkt? Hat er Frauen zurückgeworfen?
Dazu kann ich nicht viel sagen. Ich denke, in manchen Fällen/Familie schon, in anderen nicht.

Woran scheitern karriereorientierte Frauen?
Erstens scheitern karrierreorientierte Frauen nicht. Nur, wenn doch mal was nicht wie am Schnürchen klappt, wird es häufiger als Scheitern anstelle eines Umwegs betrachtet. Ganz klar sehe ich die fehlenden guten Betreuungsmöglichkeiten für Kinder und Eltern als einen Grund für nicht wahrgenommene bzw. vorenthaltener Karrieren.

Was würden Sie Ihrem jüngeren Ich raten, das noch nicht so selbstbestimmt war wie Sie es jetzt sind?
Gib Dir mehr Mühe, Menschen zu finden, von denen du was lernen kannst und die dich weiterbringen wollen! Erwecke nicht den Eindruck, dass du alles schaffst: Das hindert andere, dir helfen zu können/zu wollen. Lerne endlich "bitte" zu sagen. Das macht das Leben viel einfacher. Andere wollen dir nämlich gerne helfen. Gib ihnen eine Chance!

Wie schätzen Sie die Chancen für junge Frauen in der Versicherungsbranche ein und welche Eigenschaften müssen junge Frauen mitbringen, um sich in dieser Branche etablieren zu können?
Die Chancen stehen super - es gibt ja viel zu wenige! Allerdings fehlt es meines Wissens an Einkommensmodellen, die auch in/nach einer Schwangerschaft/als Eltern genügend Sicherheit und Perspektiven bieten. Leidenschaft, Passion, inneres Brennen für ihre Idee und den Willen, die Ärmel hochzukrempeln - das sollte sie mitbringen.

Ihr Appell an junge Frauen, die sich für eine Ausbildung/ein Studium in der Versicherungsbranche interessieren:
Sucht Euch Mentoren und Mentorinnen. Seht den Weg als das Ziel. Sprecht früh in Euren Paarbeziehungen über Eure Berufs- und Entfaltungswünsche. Das Leben ist bunt und es kommt anders als man es sich gedacht hat. Haltet die Augen offen, das Leben ist voller Chancen. Kauft weniger Zeug, das nach dem Bezahlen nur noch die Hälfte wert ist, sondern investiert lieber in die Hersteller.

Vielen Dank für Ihre Zeit und die Einblicke, die Sie uns gewähren! Ich schätze Ihre Teilnahme sehr und wünsche Ihnen alles Gute für Ihre zukünftigen Projekte.