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Melanie Eger

Liebe Frau Eger, schön, dass Sie Zeit für uns haben. Lassen Sie uns direkt einsteigen: Wie sind Sie als Chefin? Beschreiben Sie Ihren Führungsstil in drei Worten.
Zielorientiert, direkt, empathisch. - Drei Worte finde ich hierfür zu allgemein; ich denke, dies ist situationsabhängig. Loyalität, Beziehung auf Augenhöhe, Ehrlichkeit und
Zuverlässigkeit gehören ebenfalls zum festen Fundament meines Führungsstils.
Welche persönlichen Stärken bringen Sie in Ihrer Position weiter?
Ausdauer, eine charmante Hartnäckigkeit, die Fähigkeit, in schwierigen Situationen ruhig zu bleiben, zu analysieren und eine Entscheidung nach den Fakten und nicht aus der
ersten Emotion heraus zu treffen, Offenheit, auch für Kritik, Teamgeist, im Sinne von einem Team die Teilhabe an Erfolgen weiterzugeben zu können.
Wie sind für Sie Beruf und Privatleben unter einen Hut zu bringen? Wo suchen Sie den Ausgleich zu Teammeetings und Paragrafen?
Als alleinerziehende Mutter von zwei Kindern im Alter von 9 und 14 Jahren sind eine gute Planung und Organisation genauso wichtig wie Flexibilität, wenn es doch mal wieder anders kommt.
"Unmögliches erledige ich sofort, Wunder dauern etwas länger." Dies gilt sowohl privat als auch beruflich.
In erster Linie genieße ich es, mit meinen Kindern entspannt Zeit zu verbringen. Ich bin, wenn es die Zeit zulässt, gern draußen, laufe mit unserem Hund, liebe die Berge und das Canyoning.
Möchten Sie uns etwas über Ihren Karriereweg erzählen? In Stichworten: Berufswunsch als Kind? Studium/Ausbildung? Aktuelle Position?
Als Kind wollte ich zur Zeitung und Journalistin werden, habe mich dann aber zu einer Ausbildung im Handwerksbereich als Friseurmeisterin und Visagistin entschieden und machte mich nach
der Ausbildung selbstständig. Ich arbeitete an der Oper, für Fotoshootings und beim Fernsehen. In dieser Zeit habe ich sehr viele Menschen getroffen und auch gelernt, wie man mit den
unterschiedlichen Charakteren umgeht, um zu einem guten Ergebnis im Job zu kommen; von diesen Erfahrungen profitiere ich bis heute.
Nach der Geburt meiner Kinder habe ich meinen Mann in seinem Maklerbüro im Innendienst unterstützt, und plötzlich waren es dann 8 Jahre Backoffice und 8 Jahre neue Lebenserfahrung. Im Jahr 2020 legte ich meine Prüfung zur Fachfrau für Versicherungsvermittlung bei der IHK ab. Nach dem plötzlichen Tod meines Mannes, der 2021 an einem Herzinfarkt verstarb, habe ich mich dazu entschlossen, die Firma allein weiterzuführen. Dank eines kleinen Kreises vertrauenswürdiger Menschen, die mir mit Ihrem Fachwissen halfen, rationelle Entscheidungen für meine Kinder und auch die Firma zu treffen, konnte ich diesen Weg gehen.
Die Versicherungsbranche wird als männerdominiert wahrgenommen. Haben Sie schon einmal Nachteile erlebt, weil Sie eine Frau sind? Wie sind Sie damit umgegangen?
Fühlen Sie sich von Ihren männlichen Kollegen akzeptiert?
Ehrlich gesagt habe ich mir noch nie einen Kopf darüber gemacht, ob mein Gegenüber ein Mann oder eine Frau ist, und das ist für mich auch nicht relevant, ebenso wenig, in welcher Position
jemand ist. Für mich ist wichtig, ob jemand die Verbindung von Wissen und Können in der Bewältigung von Handlungsanforderungen also seine Kompetenz versteht. Als ich vor 2 Jahren die Firma
übernommen habe, gab es Menschen, die mir diesen Schritt nicht zugetraut hätten, und das habe ich sehr wohl gespürt. Diejenigen kamen aber nie aus der Versicherungsbranche, sondern eher
aus unserem damaligen beratenden Umfeld. Wenn ich weiß, was ich will und kann, und merke, dass von anderen dies nur toleriert, aber nicht akzeptiert wird, dann ist es mir doch frei zu entscheiden,
mich von diesen Menschen zu trennen, damit ich mein Ziel weiterverfolgen kann. Ich meine damit, es gibt ja nicht nur "den einen Vorgesetzten", und wenn man etwas kann und seine Arbeit gut macht,
dann gibt es auch noch andere Firmen. Wenn jemand versucht, dich klein zu halten, dann such dir einen anderen Weg, um dein Ziel zu erreichen. Gerade in unserer Branche sollte es sich herumgesprochen
haben, dass es bessere Konzepte für die Altersvorsorge gibt, als sich durch dieses Verhalten jeden Tag aufs Neue ein bisschen sein eigenes Grab zu schaufeln. Ich persönlich fühle mich in meinem
beruflichen Umfeld akzeptiert, von Frauen und Männern.
Aktuell beträgt der Frauenanteil in Führungsebenen im Bundesgebiet rund 28 Prozent. Was sind Ihrer Meinung nach die Hauptgründe für diese geringe Quote?
Als Erstes sicherlich die Rahmenbedingungen für Frauen, die auch mit Kindern voll arbeiten möchten. Wenn man einen Beruf in einer gewissen Position ausüben möchte, benötigt dies ein gut tragendes Netz,
um einen freien Kopf zu haben für die benötigte Qualität, um den Level in dieser Qualifikation zu erhalten.
Würde es eine flächendeckend gute Kinderbetreuung geben, dann fänden sicherlich mehr Frauen einen schnelleren und zufriedeneren Weg zurück ins Arbeitsleben. Dies finde ich sehr wichtig, denn Arbeitsleben bedeutet auch Bestätigung, Wertschätzung und finanzielle Unabhängigkeit für sich als Person.
Ich denke aber auch, dass sich Frauen bewusst entscheiden, für die Kinder und ihre Familie da sein zu wollen.
Längerfristig sollte "Frau" sich schon überlegen, ob es nicht sinnvoll ist, doch noch einen Fuß in der Tür zu haben. Je länger ich aus meinem erlernten Beruf raus bin, desto schwieriger wird es, vor allem bei der heutigen Geschwindigkeit und Entwicklung, wieder dort anzuknüpfen, wo ich damals aufgehört hat.
Die Lohngerechtigkeit ist ein brisantes Thema. Fast überall in Europa verdienen Frauen weniger als Männer mit gleicher Qualifikation. Wie ist Ihre Meinung dazu?
Gleiche Qualifikation = gleiche Performance = gleiches Gehalt. Punkt.
Hat sich Corona auf den Geschlechterkampf ausgewirkt? Hat er Frauen zurückgeworfen?
Das denke ich nicht. Wir saßen alle im Homeoffice. Wir hatten alle Homeschooling. Ich denke, für manchen Mann war die Konfrontation mit dem Alltag einer arbeitenden Frau und Mutter eine ganz neue Erfahrung.
In einer schnellen Zunahme der Möglichkeiten, im Homeoffice zu arbeiten, sehe ich für gerade Frauen mit Kindern einen Vorteil.
Woran scheitern karriereorientierte Frauen?
An der Vorstellung, etwas darstellen zu müssen, was sie in Wirklichkeit nicht sind. Es ist nicht gut, sich mit anderen zu vergleichen - dabei wird oft der eigene Stil unterdrückt, und "Frau" verliert ihr
glaubwürdiges Auftreten. Als Erstes muss "Frau" für sich selbst herausfinden, was sie möchte und ob sie auch bereit ist, Opfer, die dies mit sich bringt, zu akzeptieren. Es ist wichtig, die eigene
Standhaftigkeit behalten und sich nicht durch Aussagen von Neidern ins Wanken bringen zu lassen, sich seiner Fähigkeiten immer bewusst zu sein. "Frau" braucht Ausdauer und Menschenkenntnis,
um Situationen einschätzen zu können, und sollte sich Zeit zum Wachsen geben: Misserfolge bedeuten nicht grundsätzliches Scheitern, sondern sind Chancen zum Erkenntnisgewinn und also für die Zukunft.
Was würden Sie Ihrem jüngeren Ich raten, das noch nicht so selbstbestimmt war wie Sie es jetzt sind?
Vor nichts und niemandem Angst zu haben, nur weil sich jemand in einer höheren Position befindet.
Sich nicht von Stimmungen leiten zu lassen.
Sich vor Entscheidungen einen Überblick zu verschaffen.
Mehr auf sich und das eigene Können zu vertrauen.
Nicht nur mit dem Strom zu schwimmen, weil sich das sicherer anfühlt. Anerkennung von außen ist etwas Schönes, aber in erster Linie muss ich ehrlich und zufrieden mit mir selbst sein. Diese Zufriedenheit strahlt man dann auch aus.
Wie schätzen Sie die Chancen für junge Frauen in der Versicherungsbranche ein und welche Eigenschaften müssen junge Frauen mitbringen, um sich in dieser
Branche etablieren zu können?
Ich schätze die Chancen gerade für junge Frauen sehr gut ein. Das Thema "Frau" wird in Zukunft ein noch sehr interessanter Markt für Versicherer werden, und da ist es von Vorteil, wenn Frauen Frauen beraten.
In der Versicherungsbranche benötigen wir eine offene und freundliche Art im Umgang und in der Kommunikation mit Menschen, die Bereitschaft für Neues und Wandlungen im IT-Bereich.
Keine Angst haben vor Herausforderungen! Niemand kann alles wissen, man muss nur jemanden kennen, der hilft und berät. Man darf sein Ziel nicht aus den Augen verlieren.
Wie ist es in Ihrem Unternehmen/Ihrer Abteilung um die nachfolgenden weiblichen Generationen bestellt?
Im Moment bin ich ein "2-Frau-Betrieb", aber wenn meine Kinder etwas größer sind, würde ich gern jemanden zur Ausbildung einstellen und mich in diesem Bereich auch generell engagieren,
egal ob für Berufsstarter*innen oder auch für Quereinsteiger*innen.
Ihr Appell an junge Frauen, die sich für eine Ausbildung/ein Studium in der Versicherungsbranche interessieren:
Machen! Machen! Machen!
Viele empfinden das Thema "Versicherung" als staubig, anstrengend und langweilig. Dabei wird übersehen, wie viele Chancen dieses Berufsfeld mit sich bringt und wie breit gefächert das Spektrum an Arbeitsbereichen ist. Hier geht es nicht nur um Allgemeine Geschäftsbedingungen und Paragraphen, sondern darum, sich für die unterschiedlichsten Lebensbereiche einen großen Wissensschatz anzueignen. Seid offen und legt euch nicht fest auf einen bestimmten Bereich im Arbeitsleben. Lernt die unterschiedlichen Blickwinkel aus Sicht von Versicherern, Maklerbüros, Vertrieb, Innen- und Außendienst kennen, um so einen Gesamteindruck von der Branche zu erhalten. Mathematik besteht auch nicht einfach aus einem Ergebnis, der Weg dahin gehört ebenso dazu. Wissen ist etwas Schönes, wenn man es im Leben anwenden kann und anderen Menschen damit hilft.