Our Blog
Unsere Neuigkeiten
Silke Weber

Hallo, Frau Weber! Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben und ein Teil der Sheroes sind.
Beschreiben Sie zunächst bitte Ihren Führungsstil. Wie sind Sie als Chefin?
Diese Frage müssten Sie besser meinen Mitarbeiter*innen stellen. 😊 Wenn ich für mich drei Worte wählen müsste, würde ich mich für folgende entscheiden: agil, situativ und empathisch. Ich beziehe meine Mitarbeiter*innen stets in Prozesse ein und kommuniziere auf Augenhöhe. Auch bei Veränderungen oder neuen Projekten sind sie beteiligt und können aktiv mitgestalten. Ich schenke meinen Mitarbeiter*innen vollstes Vertrauen, bin fokussiert und delegiere Aufgaben, um die Stärken jedes/jeder Einzelnen zu fordern. Wir arbeiten fest als Team.
Welche persönlichen Stärken bringen Sie in Ihrer Position weiter?
Ein starkes Selbstbewusstsein – damit fühle ich mich in Alltagssituationen sicherer. Analytisches Denken, um Probleme zu erkennen und zu lösen sowie eine rasche Auffassungsgabe und viele Ideen helfen mir, Veränderungen schnell und effizient umzusetzen. Mit meiner positiven Einstellung begeistere ich jeden – ob Mitarbeiter oder Geschäftspartner. 😊 Außerdem habe ich ein starkes Durchhaltevermögen und gebe nicht so schnell auf. Sicher gäbe es da noch einige Stärken mehr, doch ich denke, die genannten sind die, welche mich bisher am weitesten gebracht haben.
Wie sind für Sie Beruf und Privatleben unter einen Hut zu bringen? Wo suchen Sie den Ausgleich zu Teammeetings und Paragrafen?
Das fällt mir nicht schwer. Mir macht meine Arbeit große Freude und ich bin gern im Büro mit meinen Kolleg*innen. Da vergehen die Tage wie im Flug. Das Problem ist, dass diese schönen Tage oftmals zu kurz sind! Kaum angefangen, ist schon Feierabend – doch wartet da nicht selten noch einiges an Arbeit. Aber ab und an mal eine Stunde länger im Büro zu bleiben ist für mich kein Problem, meine drei Katzen sind sehr selbständig. Und mein Lebensgefährte ist viel unterwegs und kommt auch öfters spät nach Hause.
Richtig abschalten kann ich hingegen bei viel Bewegung an der frischen Luft, wie einem langen Spaziergang oder bei der Gartenarbeit. Auch ein Treffen mit Freunden ist ein gutes Mittel für mich, um dem Alltag zu entfliehen. Und um Körper und Geist komplett herunterzufahren, begebe mich mindestens einmal pro Jahr in den Tauchurlaub. Das ist für mich Erholung pur!
Möchten Sie uns etwas über Ihren Karriereweg erzählen? Berufswunsch als Kind? Studium/Ausbildung? Aktuelle Position?
Ich liebe Tiere und wollte als Kind immer Tierpflegerin werden. Als ich mich entscheiden musste, kam es allerdings ganz anders und ich landete beim Berufswunsch Visagistin. Am besten im Theater oder beim Film. Als Grundausbildung – so riet man mir damals – solle ich eine Friseurlehre machen. Das tat ich auch. Mit dem Heranreifen holte mich jedoch die Realität ein. Ich wechselte die Branche und absolvierte eine Umschulung zur Bürokauffrau (heute: Kauffrau für Büromanagement). Das war mir allerdings zu trocken – im wahrsten Sinne des Wortes. So ging ich ins Ausland und schloss eine weitere Ausbildung ab: als Tauchlehrerin. 😊 In fast 14 Jahren Auslandsaufenthalt habe ich viele Erfahrungen sammeln und zahlreiche Weiterbildungen ablegen können.
Ich war in tollen Positionen beschäftigt, z. B. als Regionalmanagerin von mehreren Tauchbasen, als Resortmanagerin eines Hotels sowie als Managerin einer Privatinsel. 2014 hat es mich allerdings wieder zurück nach Deutschland verschlagen, wo ich bei meinem aktuellen Arbeitgeber als Vorstandsassistenz beschäftig war, bevor ich in meine jetzigen Position als
Abteilungsleitung gewechselt bin. Der Höhepunkt meiner Karriere war die Prokura, welche mir im Frühjahr 2019 erteilt wurde.
Die Versicherungsbranche wird als männerdominiert wahrgenommen. Haben Sie schon einmal Nachteile erlebt, weil Sie eine Frau sind? Wie sind Sie damit umgegangen?
Fühlen Sie sich von Ihren männlichen Kollegen akzeptiert?
Die Versicherungsbranche wird nicht nur als männerdominiert wahrgenommen, sie ist männerdominiert. Speziell in den Führungsebenen. Aber Nachteile sind mir dadurch nicht entstanden.
Ich fühlte mich bisher auch immer akzeptiert.
Aktuell beträgt der Frauenanteil in Führungsebenen im Bundesgebiet rund 28 Prozent, womit Sie in Ihrer Position noch immer eine Ausnahme bilden.
Was sind Ihrer Meinung nach die Hauptgründe für diese geringe Quote?
Ich habe hierzu erst kürzlich eine Studie gelesen, die aussagte, dass fehlende Flexibilität der Arbeitgeber dazu beitragen würde. Dem stimme ich zu. Hier gibt es leider noch immer veraltete Denkmuster und Vorurteile, z. B. dass für Frauen (im Gegensatz zum Mann) die Familie wichtiger wäre als ihre berufliche Karriere. Hier muss meines Erachtens dringend ein Umdenken stattfinden, um die Vorteile zu erkennen: Frauen bringen mit ihrem Wunsch nach mehr Flexibilität und einer guten Vereinbarkeit von Familie und Beruf neuen Schwung und mehr Vielfalt in die betriebliche Karriereförderung. Unternehmen, die dies berücksichtigen, sichern sich erhebliche Vorteile bei der Gewinnung und Bindung von qualifiziertem Personal.
Die Lohngerechtigkeit ist ein brisantes Thema. Fast überall in Europa verdienen Frauen weniger als Männer mit gleicher Qualifikation. Wie ist Ihre Meinung dazu?
In Deutschland liegt die Entgeltlücke zwischen Frauen und Männern bei 18 Prozent – laut einer Statistik vom Januar 2022. Gerecht und zeitgemäß ist dieser Zustand nicht.
Das muss sich dringend ändern und auch hier muss ein Umdenken stattfinden!
Hat sich Corona auf den Geschlechterkampf ausgewirkt? Hat er Frauen zurückgeworfen?
Ich habe im näheren Umfeld gesehen, dass sich Paare abgesprochen haben, wer wann die Kinderbetreuung übernimmt. Alternativ haben sich Männer wie Frauen Urlaub genommen, damit die Betreuung gewährleistet ist. Ich sehe es wirklich so, dass Kinderbetreuung und -erziehung sowie Haushalt nicht mehr ausschließlich Frauensache ist, sondern sich junge Familien absprechen müssen.
Was denken Sie, woran scheitern karriereorientiere Frauen?
Es gibt knapp 28 Prozent weibliche Führungskräfte, also können wir nicht allgemein von scheitern sprechen. Ich sehe das Scheitern nicht am Wollen oder Können, eher an fehlenden Möglichkeiten: Die moderne Arbeitswelt hat hohe Anforderungen (Vertretungsregelung, Elternzeit oder Kinderbetreuung) und die Rahmenbedingungen hierfür müssen nachhaltig erarbeitet und installiert werden.
Ich persönlich hatte diese Probleme nicht, da ich keine Kinder habe, aber ich sehe hier noch immer eine große Hürde: wir Frauen müssen uns mehr beweisen als Männer, brauchen stärkeres Durchhaltevermögen. Daran kann es mitunter scheitern.
Wie schätzen Sie die Chancen für junge Frauen in der Versicherungsbranche ein und welche Eigenschaften müssen junge Frauen mitbringen,
um sich in dieser Branche etablieren zu können?
Ich würde das nicht auf einen bestimmten Beruf oder eine Branche eingrenzen. Ich sehe das so: Das Wichtigste ist, die Tätigkeit macht Spaß, man kann sich mit ihr identifizieren und
fühlt sich in der gewählten Branche wohl. Dazu kommen selbstverständlich noch Können und Wissen gepaart mit einer Portion Selbstbewusstsein, einer positiven Grundeinstellung und
einem authentischen Auftreten – das war und ist für mich meine Karriererezeptur.
Wie ist es in Ihrem Unternehmen/Ihrer Abteilung um die nachfolgenden weiblichen Generationen bestellt?
Mein Arbeitgeber nimmt hier sicher eine Vorbildfunktion ein: im gesamten Team liegt der Frauenanteil bei 42 Prozent. In meinen Teams ist es der gleiche prozentuale Anteil – 42 Prozent Frauen und 58 Prozent Männer. Der Anteil hängt sehr von der Abteilung ab. In der IT und im Versicherungsbereich ist die Anzahl der männlichen Mitarbeiter höher, in der Verwaltung dominieren die Frauen.
Ihr Appell ? an junge Frauen, die sich für eine Ausbildung/ein Studium in der Versicherungsbranche interessieren:
Auch das sehe ich unabhängig von der Branche. Habt Spaß, verliert nie die Lust am Lernen, bleibt authentisch und setzt euch durch, wenn euch Unrecht widerfährt!
Was möchten Sie unseren Leserinnen noch mit auf den Weg geben?
Liebe Frauen, nehmt Eure Karriere selbst in die Hand. Springt, wenn nötig, über euren Schatten. Aber fast noch wichtiger ist es, sich nicht verbiegen zu lassen und sich immer treu zu bleiben!